... the Bozo Bit ...
Ich war mir sehr unsicher, weil die Aussage, die mein Anknüpfungspunkt ist, auf einer Veranstaltung gefallen ist, an der ich nicht teilnehmen konnte; ich kenne ihn nur aus dem Bericht eines lieben und sehr vertrauenswürdigen Kollegen. Wenn ich dabei gewesen wäre, hätte ich keine Hemmungen. Auf der anderen Seite erzählt mir der Kollege keinen Unsinn; ich vertraue ihm und aus diesem Grund schreibe ich ihn doch.
Eine dienstliche Veranstaltung im Studienseminar. Wie immer wird berichtet, diskutiert und kritisiert. Die Rituale sind gefestigt, wenngleich nicht immer zielführend. So sind wir nun mal und ich habe mich daran gewöhnt.
Unsere letzten pädagogischen Tage bestanden aus einer Exkursion an den Bodensee, um dort eine innovative berufliche Schule und eine pädagogische Hochschule in der Schweiz zu besuchen. Ich habe den Eindruck, dass es wichtig war und ich bereue auch nicht, dafür eine schon erhebliche Summe ausgegeben zu haben: drei Tage mit Übernachtungen, die Busfahrt, essen muss man auch und so dies und das gibt man doch noch zusätzlich aus.
Selbstverständlich darf jeder sich dazu kritisch äußern und genau so selbstverständlich kann man auch eine andere Meinung vertreten als ich. Aber ich konnte kaum glauben, was in einem Beitrag meines Kollegen zu hören war:
Man solle doch in Zukunft diese Kinderlandverschickung lassen und stattdessen …
(sinngemäß, aber nicht verfälscht)
Was danach kommt, ist mir eigentlich gleichgültig. Vielleicht bin ich in diesen Fällen zu kritisch. Aber ich finde, dass wir nicht einfach Begrifflichkeiten aus unserer dunkelsten Vergangenheit unreflektiert auf etwas anwenden dürfen, das uns heute nicht passt.
Nach allem was ich weiß, war die Evakuierung der Kinder aus dem Bombenhagel kein humanitärer Akt, sondern eine gut durchdachte Art und Weise, sie zu ideologisieren und zu manipulieren.
Ähnliche Äußerungen findet man überall bei der Recherche zum Thema:
Die Nationalsozialisten nutzten die Lager, um die Kinder in ihrem Sinne zu erziehen. Und praktischerweise konnten viele Mütter nun in der Kriegsindustrie arbeiten. (…)
Die schulische Ausbildung in den Lagern wurde immer schlechter, weil gute Lehrer fehlten. Die Zeiten romantischer Lageraufenthalte waren vorbei. Statt Mathe und Deutsch lernte er alles für den letzten Kampf: "Da kamen sie dann gleich mit ihrem Volkssturm. Das war natürlich eine große Ehre, dass wir die Volkssturmbinde kriegten. Und wir wurden richtig militärisch gedrillt. War schon eine harte Nuss. Ich war ein Hänfling damals, und ich bin damals einfach auch oft umgefallen beim Barrikadenbauen oder bei irgendwelchen Übungen, wenn sie uns über nasse Äcker gehetzt haben."
Sein Lager wurde nach Wörth an die Donau verlegt. Mit einem Holzknüppel sollte er gegen die Amerikaner kämpfen.
(Quelle: http://einestages.spiegel.de - Zeitgeschichten auf SPIEGELonline)
Besonders berührt mich daran, dass der Kollege Historiker ist. Er müsste es also wissen! Und dann kann ich mich nicht völlig dem Verdacht entziehen, dass er genau wusste, was er da sagt und nicht einfach so vor sich hin geplappert hat.
In der Entwicklung von Computerprogrammen gibt es eine Regel: Don’t Flip the Bozo Bit too soon; aber hier juckt es mich schon in den Fingern.